Die Käufer der Glashütte Karlsbrunn, Nikolaus Pfend aus Spittel und die Brüder Johann Georg und Jakob Ranauld die auf der Burg Varsberg wohnten,
mussten einsehen, dass sie Glas auf dieser Hütte, wegen der Auflage sie mit Kohle zu betreiben, nicht kostengünstig herstellen konnten.
Sie beauftragten einen Ingenieur, einen besseren Standort zu herauszufinden. Dieser schlug den Standort in Fürstenhausen nahe dem Gutshof
Fenne vor.
Die Genehmigung, die Glashütte nach dort zu verlegen, erteilte Napoleon am 15. April 1812. Mit den Bauarbeiten wurde sofort begonnen.
Es sollte keine große Hütte werden, man begnügte sich mit sechs Arbeitsplätzen. Die Hütte produzierte in der Anfangszeit und noch bis nach
1830 vor allem feines weißes Hohlglas, Trinkgläser, Karaffen usw., geschliffen oder graviert.
Im Jahr 1815 änderte sich die politische Lage. Napoleon wurde gestürzt und das linke Rheinufer wieder von Frankreich abgetrennt.
Die Besitzer der Hütte kehrten nach Lothringen zurück. Die Hütte selbst wurde zunächst von der Saarbrücker Firma Dern & Co., die auch zwei
Rußhütten besaß, aufgekauft. Schließlich erwarb Mathias Raspiller, vermutlich um 1820, die Hütte. Wie seine vier Brüder, die in Schoenecken
waren, kam Mathias von der Hütte Soldatental bei Abreschviller, wo er einen Anteil der Hütte hatte. In Schoenecken war er, bevor er die
Fenner Hütte erwarb, vermutlich nicht.
Mit Mathias Raspiller erlebte die Fenner Hütte einen Aufschwung. Es kamen jetzt auch weitere Arbeiter aus dem lothringischen und französischen Raum,
so Kerrmann aus Lettenbach/St.Quirin, Chevrier von Labondice in der Haute Marne, Vincent von Vanne bei Toul u.a. Die Verkehrslage war der Hütte
war nicht so günstig, wie ursprünglich erhofft. Mathias Raspiller unternahm viel, um diesen Nachteil wettzumachen. Zwischen Fenne und Luisenthal
durfte er eine Fähre installieren, allerdings nur zu Betriebs- und Wirtschaftszwecken. Auch erhielt die Hütte einen zweiten Ofen, der die gleiche
Größe besaß, wie der erste.
Während des Aufschwunges seiner Hütte verunglückte Mathias Raspiller am 26 Dezember 1832 tödlich. In der Folgezeit übernahm vorübergehend sein
Bruder Andreas Raspiller die Leitung, eines Unternehmens, das im Gegensatz zu anderen Hütten an der Saar feines Weißholglas und sonstiges Tafelgeschirr
herstellte. An die Stelle von Andreas trat in der Hüttenleitung bald Lorenz Raspiller, der Bruder, der von Schoenecken kam. Dieser berief 1834 seinen
erst 20jährigen Sohn Sohn Heinrich in die Leitung der Firma. Unter Heinrich Raspiller erlebte die Hütte ihren zweiten Aufschwung. 1860 besaß sie
drei Öfen und beschäftigte 115 Leute. Zehn Jahre später war die Belegschaft auf 250 Mann gestiegen und als Heinrich Raspiller am 11. Mai 1884 sein
50jähriges Jubiläum als Firmleiter feiern konnte, war die Belegschaft auf 450 Mann angestiegen. Danach zog sich Heinrich Raspiller aus dem
Geschäftsleben zurück, 15 Monate später verstarb er.
"Glasmacher" und "Einträger" anlässlich des 50jährigen Firmenbestehens von Heinrich Raspiller 1884
(Bild aus Völklingen und seine Stadtteile)
Anmerkung: Bitte zählen sie mal die Kinder, die auf dem Bild zu sehen sind.
Die Leitung der Hütte übernahm sein ältester Sohn Heinrich. Dieser vergrößerte und verschönerte das Werk.
Er baute vor allem ein neues großes Glasmagazin, weiter Betriebsgebäude sowie Wohnungen für die auswärtigen
Arbeiter - Gebäude, die die Stilllegung der Hütte 1939 um Jahrzehnte überleben sollten.
Heinrich starb bereits 1900, nur 46 Jahre alt, an Hirnschlag. Bald danach wurde die Firma um gegründet
und erhielt eine neue Rechtsform. Die ursprüngliche Handelsgesellschaft "Raspiller und Co." Wurde zur
Fenner Glashütte GmbH vormals Raspiller und Co." Die Hütte erhielt zwei Direktoren, Eduard Raspiller
und Phillip August Gerner. Letzterer war der uneheliche Sohn von Eugen Raspiller aus Wadgassen! Gerner
blieb nicht lange Direktor. Nur 17 Monate nach Heinrich Raspiller d. J. starb er im Alter von 52 Jahren.
Am 29. Februar 1903 erschien in der Völklinger Zeitung folgende Bekanntmachung:
"Die im Handelsregister B 1 unter Nr. 2 eingetragene Firma "Fenner Glashütte vormals Raspiller und Cie.
Gesellschafft mit beschränkter Haftung" zu Fenne ist aufgelöst. Liquidator ist der bisherige Geschäftsführer
Eduard Raspiller zu Fenne.
Völklingen, den 20.02.1903 Königliches Amtsgericht."
Dieser Text und die Tatsache, dass es nach Heinrichs Tod zwei Direktoren gab, lassen vermuten, dass Eduard Raspiller eher Kaufmann
als Glasfachmann war.
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Ein Fenster aus dem ehemaligen Glasmagazin der Glashütte Fenne. Das Fenster trägt die Initialen des Hüttengründers Heinrich Raspiller.
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Wie kam es zur Schließung der Hütte? Die Gründe dürften verschiedener Art gewesen sein. Der Verlust zweier verdienstvoller Männer,
die an der Spitze des Unternehmens standen, in weniger als andertalb Jahren dürfte nicht spurlos vorübergegangen sein. Der Völklinger
Bürgermeister berichtete hierzu dem Saarbrücker Landrat am 24. Februar 1903 u.a., die Schließung habe den Grund in dem schlechten
Geschäftsgang der letzten Jahre, wodurch vor allem die französischen Teilhaber der Gesellschaft die Liquidatoren verlangten, um ihr
Kapital anderweitig verwenden zu können. Dividenden seien in den letzten Jahren nicht ausgezahlt worden, betroffen seien etwa 350 Arbeiter.
Glasmacherhäuser in der Hausenstraße und in der Leostraße.
Glasmacherkaserne
Die Sorgen, der entlassenen Arbeiter von Fenne um ihr tägliches Brot und Lohn, waren groß. Eduard Raspiller und der Völklinger Bürgermeister
waren Optimistisch und erwarteten einen baldigen Ankauf der Hütte, die Anfang März 1903 noch über einen Barbestand an Geld in Höhe
von ca. 73000 Mark verfügte. Die Annahme, dass das Kapital des Teilhabers von Boch helfend eingreifen würde, traf nicht zu - die Verhandlungen
waren am 24. März 1903 beendet worden und damit gescheitert. Die Hütte wurde endlich am 7. Mai 1903 von Leo Hirsh und Leo Hammel, die seit 1887 Eigentümer
der Glashütte Dreibrunnen (trois Fontaines) in Lothringen waren, aufgekauft. Eine Zusammenlegung der Betriebe erfolgte jedoch vorerst nicht.
Neuer Direktor in Fenne wurde Sigmund Hammel, der alte Firmenname erhielt den Zusatz "Nachfolger".
Bereits am 22. Mai 1903 waren wieder ein Ofen in Betrieb und 164 Arbeiter beschäftigt, die anderen Öfen folgten. Die neuen Besitzer bauten
Wohnhäuser für Arbeiter, die heute noch stehen. Die neue Straße, an der ein Teil dieser Gebäude steht, wurde nach ihrem gemeinsamen
Vornamen Leostraße genannt.
Eine Fusion der beiden Hütten erfolgte erst mit Vertrag vom 6. Mai 1909, in dem die Firmen "Fenner Glashütte, vormals Raspiller und Cie.,
Nachfolger" und die "Glasfabrik Dreibrunnen, Hirsh und Hammel" zusammen die "Vereinigte Fenner Glashütte und Glasfabrik Dreibrunnen,
Hirsh und Hammeln AG" bildeten.
Wenn auch in der Firmenbezeichnung Fenne zuerst genannt wird, so war der Sitz des Unternehmens Dreibrunnen und Fenne nur noch Filiale.
1934 trennte sich Fenne von dem lothringischen Werk und nannte sich nun "Saarglas A.G.". 1937 übernahmen die "Röchling'schen Eisen und Stahlwerke"
den Betrieb. Hermann Röchling wollte die Saarglas A.G. zu einem Musterbetrieb entwickeln. Das war allerdings gar nicht nötig. Die Hütte arbeitete
damals schon auf dem modernsten Stand, denn die Mehrzahl der Maschinen waren erst 1936 angeschafft worden, die Vollautomatische Fabrikation lief
seit 1927 und an den Wannen arbeitete man im 3 Schichtbetrieb zu 8 Stunden.
Die Hütte war, als sie wegen des Kriegsausbruches im Sommer 1939 geschlossen und die Bevölkerung evakuiert werden musste, ein gutgehender Betrieb,
der seit 1936 rund 500 Arbeiter und Angestellte beschäftigte.
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Luftbild des Fenner Werkes
Glasmagazin der Fenner Hütte
Innenhof des Glasmagazins
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Die Hütte wurde später noch einmal an eine Arbeitsgemeinschaft verkauft. Die Käufer waren drei Firmen, die sich wie folgt zusammensetzten:
1. Aktiengesellschaft für Glasindustrie, vormals Friedrich Siemens, Dresden; 2. H. Heye, Glasfabrik, Annahütte (Niederausitz);
3. Vereinigte Böhmische Glasindustrie A.G. Zuckermantel bei Teplitz-Schönau (Sudetengau). Glas wurde aber nach 1939 nicht mehr produziert.
Mitte März 1997 wurde ein für das Saarland einzigartiges Denkmal abgebrochen, das ehemalige Glasmagazin und einige weitere Gebäude
der alten Fenner Glashütte.
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