Die ersten Glashütten entstehen

Antike und frühes Mittelalter

Die Herkunft des Glases, seine Erfindung und Verbreitung werden wohl nie endgültig geklärt werden. Es wird erzählt, dass phönizische Handelsleute eine Herdstatt aus Sodablöcken errichteten und dabei beobachteten, wie Soda und Küstensand zu Glas verschmolz. Die Geschichte ist allerdings wenig glaubwürdig.
Glas gab es in der Antike auch in Syrien und auf Kreta, wo sich heute in Knossos eine beachtliche Sammlung antiken Glases befindet.
Zu einer systematischen Produktion kam es zuerst in Ägypten, was nicht bedeutet, dass die Ägypter das Glas erfunden haben. Im Tal der Seen, fand man Glasöfen als Zeugen einer über 500 Jahre alten Glasherstellung.

Das älteste bekannte Rezept stammt aus Assyrien, aus der Tontafelbibliothek des Königs Assurbaninal (668 - 626 v. Chr.). Es nennt zur Herstellung des Glases folgende Mischung: 660 Teile Sand, 180 Teile Meerplanzenasche, 5Teile Salpeter und 6 Teile Kreide.

Die Römer brachten das Glas nach Europa, zuerst natürlich nach Italien. Hier entstanden auch die ersten Glashütten mit einer noch plumpen Produktion. Sie verfeinerte sich rasch, besonders durch den Zuzug orientalischer Glasmacher.

Römisches Glas. Vase und Krug, 1. Jh. und Diatret,
Dieatreten sind glockenförmige Prunkgläser, die von einem feingeschliffenen Glas-netz ummantelt sind.

Die Prunksucht der römischen Kaiserzeit begünstigte die Entwicklung der Glasindustrie. Nun fertigte man auch hier Luxusgläser in glänzenden Farben und kunstvollem Schliff an.
Die Produktion blieb nicht auf Italien beschränkt. Insbesondere seit der Regierung von Kaiser Augustus, etwa zurzeit Christi, verbreitete sich das römische Glas nach Spanien und Gallien. Nach Gallien kam es über die Provence, das Rhônetal hinauf zu Saone, Mosel und Rhein, über die Maas bis nach Belgien.
Das Angebot an Glasware war sehr vielseitig, was den hohen Stand dieses Industriezweiges bezeugt.
Der Aufschwung der Glasproduktion bedingte auch die Erfindung der Entfärbung von Glas durch Braunstein, womit man das Glas dem Bergkristall anzugleichen versuchte.
Das 5. Jahrhundert läutete das Ende der römischen Weltmacht ein. Damit brach die kulturelle Entwicklung der Antike ab. Auch die Glasmacherkunst ging weitgehend verloren, erlosch jedoch nicht vollständig.

Im späten Lothringen und im Warndtgebiet setzten sich die Franken fest. Die Kenntnis der Glasherstellung ging bei den Franken nicht verloren, aber es gab jetzt nur noch wenige Hütten. Vorbei war es vorerst mit technischen Spitzenleistungen und der Kunstfertigkeit der Glasmacher.

Krüge
Fränkische Krüge mit Fadendekor, 7.-8. Jh.

Die Formen der Gläser dieser Zeit können aber ihre römische Ahnenschaft nicht verleugnen. Freilich vollzog sich in der fränkische Produktion - trotz der unverkennbaren Neigung zum vulgären Prunk - ein Wandel zu bescheideneren, schlichteren Formen. Auch die Färbung des Glases unterlag einem Nouvellierungsprozeß. Es überwog fortan eine leicht grünliche oder gelbgraue Glasmasse. Von den Hütten selbst haben sich kaum Spuren erhalten.

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  Entstehung der Glashütten bis zum Beginn der Neuzeit

Zu Beginn des 11. Jahrhunderts wurde das Glas knapp und die Nachfrage wurde dringender. Ursache war vor allem die große Anzahl neuer Kirchen, Dome und Klöster, deren Fenster immer größer wurden. Eine Anzahl Klöster errichteten daher in ihren teils riesigen Wäldern Glashütten und lockten die Glasmacher zu sich. Es ist möglich, dass Klosterhütten wertvollere Gläser hergestellt haben, weil sie im Besitz bestimmter Rzepturen waren,während die anderen Hüttenmeister lediglich ihre Erfahrung besaßen und "ihr Glasrezept" als kostbares Geheimnis hüteten.

Die großen lothringischen Glaszentren festigten im weiteren Zeitverlauf ihr Positionen. Vom späteren Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit bestand der Reichtum Lothringens vor allem aus Eisen, Salz und Glas. Für das Glas gab es drei große Zentren, verteilt auf ganz Lothringen. Es waren die Zentren in den Argonnen mit fast 20 Hütten, die Gegend Saareboug und Bitsch mit etwa dreißig Hütten vor dem dreißigjährigen Krieg, und vorallem das Land um Darney, genannt "La Voge". Es war der größte, bekannteste und älteste Mittelpunkt der Glasindustrie von Lothringen mit fast vierzig Hütten.

Zu diesen drei Schwerpunkten kam im 17. Jahrhundert noch einer in Ostlothringen und im Warndt hinzu. Bei Darney erreichte die Herstellung des Fensterglases im Mittelalter und darüber hinaus seine höchste Vollkommenheit.

Keulenglas
Keulenglas. Titelblatt der Biblia Nova von 1520

Die Methode Fensterscheiben ohne großen Glasverlust herzustellen, blieb auf die Familien Briseval, Hennezel, Thietry und Tisac beschränkt. Nur diese kannten das Geheimnis, das mit der Herstellung des Zylinders verbunden war. Ehe ein Mitglied dieser Familien Glasmacher ausbilden durfte, musste es den Glasmachereid - serment des verriers - leisten. Damit gelang es diesen Familien, über 250 Jahre eine Vorrangstellung gegenüber den andern Glasmachern zu behaupten.
Neben diesen Familien des "großen Glases" gab es die des "kleinen Glases". Ihre Anzahl war größer und einzeln bekannt wie die anderen. Auch sie gründeten weitere Glashütten nicht nur in den Wäldern um Darney, sonder auch außerhalb Lothringens. Es waren im Wesentlichen Angehörige folgender Familien: de Finance, de Massey, do Houx, de Bonnet, Dorlodot, des Androuyn, de Bigault und die Guyot.
Vielfach wir die Meinung vertreten, dass früher in Frankreich und Lothringen die Glasmacher Adlige waren. Dies trifft nur bedingt zu. Sie waren nicht adlig, weil sie Glasmacher waren, sonder sie waren teilweise adelig, obwohl sie Glasmacher waren. Dieser Glasadel geht zurück auf die Kreuzzüge. Mansche kamen mittellos in ihre oft verfallene und befestigten Häuser zurück. Um ihnen zu helfen, gestattete schon Ludwig IX König von Frankreich von 1226 - 1270, dass Adelige die Glas herstellten, ihren Adelstitel behalten durften.

Die "Charte des Verriers" von 1448 gab den lothringischen Glasmachern außerordentliche Privilegien für die damalige Zeit. Sie waren Adelige und ihr Adel erblich ("sont nobles chevaliers estimez ou dit Duché de Lorraine"). Das Holz stand ihnen in einem vom Förster bestimmten Areal unbegrenzt zur Verfügung. Sie hatten Fisch- und Jagdrecht in allen Wäldern des Herzogs und durften bei den Hütten eine Mühle errichten und betreiben. Für die Herstellung und den Verkauf des Glases zahlten sie keine Abgaben, auch keinen Zoll. Für die Hütte zahlten sie lediglich eine unbedeutende "Anerkennung", die oft nicht eingefordert wurde. Die "Charte" wurde "gegeben in Nancy den 25. Tag des Juni im Jahr 1448", durch Kriegseinwirkung zweimal zerstört und 1469 sowie 1491 erneuert. Änderungen im Laufe der Zeit betrafen lediglich finanzielle Angelegenheiten wie Zoll und Holzpreise.

In Deutschland gaben sich die Glasmacher 1406 in der "Spessart Ordnung" strenge Richtlinien, allerdings mit anderer Zielsetzung als die "Charte". Diese einzuhalten gelobten vierzig Glashüttenmeister aus Hessen, Mittel-, West- und Süddeutschland.

rathaus
Das Rathaus von Darney.
Hier wurde damals die "Charte" aufbewahrt.

Während im Innern Lothringens die Glasherstellung florierte und europäischen Ruf erlangte, geschah in Ostlothringen und im Warndt bis zum Ende des 16. Jahrhundert nichts. Es ist zwar durchaus möglich, dass irgendwo in den Wäldern unserer Region Glas gemacht wurde, doch ist dies nirgends erwähnt und keine Gebäudereste künden davon.
Die ersten Glashütten zwischen 1400 und 1600 waren kleine Hütten. Man stellte vier gerade, aufrechte Bäume an die vier Ecken. Die Außen- sowie Innenwände wurden aus Holz errichtet, ebenfalls das Dach - das Ganze in primitiver Weise. Es ist logisch, dass man davon nichts mehrfindet, bestenfalls ein paar Steine eines Glasofens, der damals höchstens vier Arbeitsplätze bot. Diese Hütten wurden in Waldtälern bei einem Wasserlauf errichtet. Daneben standen kleine Häuschen für die Angehörigen der Hütte, die nur so lange an diesem Platz blieben, bis das Holz, welches bei der Hütte stand, verbraucht war. Danach zogen sie weiter, bis sie wieder einen geeigneten Platz fanden.

Quelle:
Die Glashütten und Glasmacher im und am Rande des Warndts.
Herausgegeben vom Heimatkundlichen Verein Warndt e.V.
Walter Neutzling

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