Entstehung der Glashütten bis zum Beginn der Neuzeit
Zu Beginn des 11. Jahrhunderts wurde das Glas knapp und die Nachfrage wurde dringender. Ursache war vor allem die große Anzahl neuer
Kirchen, Dome und Klöster, deren Fenster immer größer wurden. Eine Anzahl Klöster errichteten daher in ihren teils riesigen Wäldern
Glashütten und lockten die Glasmacher zu sich. Es ist möglich, dass Klosterhütten wertvollere Gläser hergestellt haben, weil sie im
Besitz bestimmter Rzepturen waren,während die anderen Hüttenmeister lediglich ihre Erfahrung besaßen und "ihr Glasrezept" als kostbares
Geheimnis hüteten.
Die großen lothringischen Glaszentren festigten im weiteren Zeitverlauf ihr Positionen. Vom späteren Mittelalter bis zum Beginn
der Neuzeit bestand der Reichtum Lothringens vor allem aus Eisen, Salz und Glas. Für das Glas gab es drei große Zentren, verteilt
auf ganz Lothringen. Es waren die Zentren in den Argonnen mit fast 20 Hütten, die Gegend Saareboug und Bitsch mit etwa dreißig Hütten
vor dem dreißigjährigen Krieg, und vorallem das Land um Darney, genannt "La Voge". Es war der größte, bekannteste und älteste
Mittelpunkt der Glasindustrie von Lothringen mit fast vierzig Hütten.
Zu diesen drei Schwerpunkten kam im 17. Jahrhundert noch einer in Ostlothringen und im Warndt hinzu. Bei Darney erreichte
die Herstellung des Fensterglases im Mittelalter und darüber hinaus seine höchste Vollkommenheit.
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Keulenglas. Titelblatt der Biblia Nova von 1520
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Die Methode Fensterscheiben ohne großen Glasverlust herzustellen, blieb auf die Familien Briseval, Hennezel, Thietry und Tisac
beschränkt. Nur diese kannten das Geheimnis, das mit der Herstellung des Zylinders verbunden war. Ehe ein Mitglied dieser Familien
Glasmacher ausbilden durfte, musste es den Glasmachereid - serment des verriers - leisten. Damit gelang es diesen Familien, über
250 Jahre eine Vorrangstellung gegenüber den andern Glasmachern zu behaupten.
Neben diesen Familien des "großen Glases" gab es die des "kleinen Glases". Ihre Anzahl war größer und einzeln bekannt wie die
anderen. Auch sie gründeten weitere Glashütten nicht nur in den Wäldern um Darney, sonder auch außerhalb Lothringens. Es waren
im Wesentlichen Angehörige folgender Familien: de Finance, de Massey, do Houx, de Bonnet, Dorlodot, des Androuyn, de Bigault und
die Guyot.
Vielfach wir die Meinung vertreten, dass früher in Frankreich und Lothringen die Glasmacher Adlige waren. Dies trifft nur bedingt
zu. Sie waren nicht adlig, weil sie Glasmacher waren, sonder sie waren teilweise adelig, obwohl sie Glasmacher waren. Dieser Glasadel
geht zurück auf die Kreuzzüge. Mansche kamen mittellos in ihre oft verfallene und befestigten Häuser zurück. Um ihnen zu helfen,
gestattete schon Ludwig IX König von Frankreich von 1226 - 1270, dass Adelige die Glas herstellten, ihren Adelstitel behalten durften.
Die "Charte des Verriers" von 1448 gab den lothringischen Glasmachern außerordentliche Privilegien für die damalige Zeit. Sie waren
Adelige und ihr Adel erblich ("sont nobles chevaliers estimez ou dit Duché de Lorraine"). Das Holz stand ihnen in einem vom Förster
bestimmten Areal unbegrenzt zur Verfügung. Sie hatten Fisch- und Jagdrecht in allen Wäldern des Herzogs und durften bei den Hütten
eine Mühle errichten und betreiben. Für die Herstellung und den Verkauf des Glases zahlten sie keine Abgaben, auch keinen Zoll.
Für die Hütte zahlten sie lediglich eine unbedeutende "Anerkennung", die oft nicht eingefordert wurde. Die "Charte" wurde "gegeben
in Nancy den 25. Tag des Juni im Jahr 1448", durch Kriegseinwirkung zweimal zerstört und 1469 sowie 1491 erneuert. Änderungen im
Laufe der Zeit betrafen lediglich finanzielle Angelegenheiten wie Zoll und Holzpreise.
In Deutschland gaben sich die Glasmacher 1406 in der "Spessart Ordnung" strenge Richtlinien, allerdings mit anderer Zielsetzung
als die "Charte". Diese einzuhalten gelobten vierzig Glashüttenmeister aus Hessen, Mittel-, West- und Süddeutschland.
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Das Rathaus von Darney. Hier wurde damals die "Charte" aufbewahrt.
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Während im Innern Lothringens die Glasherstellung florierte und europäischen Ruf erlangte, geschah in Ostlothringen und im Warndt
bis zum Ende des 16. Jahrhundert nichts. Es ist zwar durchaus möglich, dass irgendwo in den Wäldern unserer Region Glas gemacht wurde,
doch ist dies nirgends erwähnt und keine Gebäudereste künden davon.
Die ersten Glashütten zwischen 1400 und 1600 waren kleine Hütten. Man stellte vier gerade, aufrechte Bäume an die vier Ecken.
Die Außen- sowie Innenwände wurden aus Holz errichtet, ebenfalls das Dach - das Ganze in primitiver Weise. Es ist logisch, dass
man davon nichts mehrfindet, bestenfalls ein paar Steine eines Glasofens, der damals höchstens vier Arbeitsplätze bot. Diese Hütten
wurden in Waldtälern bei einem Wasserlauf errichtet. Daneben standen kleine Häuschen für die Angehörigen der Hütte, die nur so
lange an diesem Platz blieben, bis das Holz, welches bei der Hütte stand, verbraucht war. Danach zogen sie weiter, bis sie wieder
einen geeigneten Platz fanden.
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